Die "digitale Wollmilchsau": Eine Kita-App für alle Fälle?

Die eierlegende Wollmilchsau ist eine ironische Metapher für trügerische Erwartungen. Was ist der Unterschied zwischen den sog. Einzel- und Komplett-Lösungen? Und was ist besser für Ihre Kita geeignet?

Team diskutiert bei aufgeklapptem Laptop über die Software-Lösung
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Ein Fachtag an der Hochschule, es geht um Apps für die Kita. Mit leicht genervtem Unterton spricht mich eine Besucherin an:

„Wir benutzen die Software xy – und die ist schrecklich. Viel zu komplex, unübersichtlich. Man kann damit sehr viel machen… aber nicht so, wie ich will und wie ich es brauche. Gibt es da nichts besseres?“

 

Doch – es gibt Software, mit der man wirklich gut und intuitiv arbeiten kann. Bei der Vielzahl an Kita-App-Anbietern ist sicher für jeden das Richtige dabei. Doch zunächst ist es wichtig, sich über die eigenen Erwartungen klar zu werden.

Manchmal wird der eigene Bedarf auch erst greifbar, wenn man sich die ersten Kita-Apps anschaut und sieht, was grundsätzlich möglich ist (z.B. in einer Testversion oder beim Besuch eines Info-Webinars). Es hilft auch, zu hören, wie erfahrene Anwender die digitalen Helfer im Alltag einsetzen (z.B. im kollegialen Austausch oder in Videointerviews). Und - klar - beim Besuch eines Fachtags, Kongresses oder einer Messe mit den Anbietern ins Gespräch zu kommen.  

 

Sie haben die Wahl!

Man sollte sich bewusst sein: die „eierlegende Wollmilchsau“ für alles und jeden gibt es so nicht. Jede Kita ist einzigartig - und so passt für die eine dieses und für die andere jenes. Gut, dass es auch verschiedene Kita-Apps gibt! So kommt es, dass eine gezielte Auswahl an digitalen Helfern oft bessere Dienste leisten kann, als ein einziges Komplextool. 

Was damit gemeint ist? Die IFP-Expertise "Kita-Apps" (2021) kategorisiert den Markt für Software-Lösungen in sog. Einzel- und Komplett-Lösungen. Das dient der ersten Orientierung. Gleichwohl sind die Begrifflichkeiten möglicherweise auch irreführend, denn: 

 

  • Komplettlösungen decken nicht alle Möglichkeiten ab.
  • Einzellösungen decken nicht nur einen Bereich ab. 

 

Der Markt bewegt sich derzeit rasant. Die einzelnen Kita-App-Anbieter sind stets darauf bedacht, ihr Tool weiterzuentwickeln - teils nah an den Kunden, was sehr begrüßenswert ist. Das führt dazu, dass die meisten Einzellösungen gar keine Einzellösungen mehr sind. Ist das nicht spannend? Allerdings macht es das auch nicht einfacher, eine Wahl zu treffen. 

Es ist und bleibt eine Einzelfallentscheidung, welches Funktionsspektrum und welcher Anbieter für Ihre Einrichtung(en) geeignet sind. Komplextool oder Insellösung(en)? Das kann ein erster Schritt auf dem Weg zur Entscheidung sein. Der Weisheit letzter Schluss ist es aber nicht, denn jede Software hat bestimmte Eigenheiten und jede Kita bestimmte Bedarfe. 

 

Fünf grundlegende Gedanken

... zur groben Orientierung: 

  • Bildet eine Software mehrere Bereiche der Organisation ab (z.B. Verwaltung und Kommunikation), ist die Struktur komplexer und das Tool ggf. auch komplizierter in der Anwendung. Ausnahmen bestätigen die Regel - deshalb: probieren Sie das Tool aus! 
  • Je größer das Funktionsspektrum ist, desto mehr ist möglich. Möglicherweise sind auch Funktionen enthalten, die für die eigene Kita nicht brauchbar sind.  Vielleicht sind auch Module einzeln buchbar, sodass Sie individuell auswählen können. 
  • Damit die doppelte Datenpflege entfällt, bieten sog. Einzellösungen oft Schnittstellen zu anderen Programmen oder tabellenbasierte Datenexporte/-importe an. Fragen Sie ggf. beim Anbieter nach. 
  • Der Einführungsprozess dauert bei komplexen Tools länger, da die Mitarbeiter:innen gut geschult werden müssen. Bei Einzellösungen funktioniert die Anwendung oft intuitiv und selbsterklärend. Dann setzt der entlastende Effekt sehr schnell ein, der Nutzen übersteigt den Aufwand bei Weitem. 
  • Kosten entstehen für professionelle Software-Lösungen aus guten Gründen. Je nach Funktionsspektrum sind diese unterschiedlich hoch. Deshalb gilt: genau hinsehen, welche Funktionen im Preis enthalten sind - gerade bei modularen Buchungsmöglichkeiten. 

 

Mithilfe von Softwarelösungen können Sie eine Vielzahl an Alltagsprozessen verbessern. So schaffen Sie motivierende und gesundheitsfördernde Arbeitsbedingungen für das Kita-Team.

Wie wäre es zu.B. mit der effizienten Verwaltung von Stammdaten, mehrsprachiger Elternkommunikation, digitaler Dokumentation, teaminternem Wissensmanagement, konsequenter Qualitätsentwicklung oder alltagsintegrierter Arbeitszeiterfassung?! Sicher können Sie hier Entlastung brauchen...

Denken Sie daran, dass nicht alle Fachkräfte den Zugriff auf alle Daten benötigen. So wird etwa Verwaltungssoftware i.d.R. nur von der Kita-Leitung und ggf. vom Träger (bzw. der Verwaltungsstelle) genutzt. Die Fachkräfte im Gruppendienst brauchen hier keinen Zugang. So ist es oft praktikabler, zwei Tools zu nutzen, die untereinander Schnittstellen besitzen: Eine Kita-App zur Organisation des Alltags plus eine Verwaltungssoftware für die Leitungsebene. 

 

Fazit

Es ist verlockend, sich auf eine digitale Lösung zu stürzen, die verspricht, „alles“ zu können. So hält man sich alle Möglichkeiten offen... und ist am Ende doch nicht zufrieden. Deshalb gilt: Werden Sie sich zuerst über Ihren konkreten Bedarf klar. Welche Alltagsprozesse möchten wir digital stützen? Eine Checkliste finden Sie im HDK-Beitrag "Die beste Kita-App: Tipps zur Orientierung".

Planen Sie ein bisschen Zeit ein, verschiedene Software-Lösungen kennenzulernen. Besuchen Sie Info-Webinare, buchen Sie kostenfreie Testversionen, gehen Sie in den kollegialen Austausch oder in Gespräche mit den Anbietern - es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten. Im Handbuch Digitale Kita können Sie auch von den Praxiserfahrungen anderer Kitas profitieren und selbst Rückmeldung geben.

Wie gestaltet sich Ihr Weg zur "richtigen Software"? Ich freue mich über Ihre Erfahrungen: jasmin.block@handbuch-digitale-kita.de